Deutschlands Notfallrettung versagt – Lebensgefährliche Unterschiede in der ÜberlebenschanceDeutschlands Notfallrettung versagt – Lebensgefährliche Unterschiede in der Überlebenschance
Tausende Menschenleben stehen auf dem Spiel: Eine umfassende Untersuchung deckt gravierende Mängel in der Notfallrettung in Deutschland auf.
Jährlich erleiden etwa 100.000 Menschen einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand. Die erschreckende Wahrheit: Über 90 Prozent sterben, obwohl viele von ihnen gerettet werden könnten. Besonders brisant: Ein Drittel der Betroffenen ist zwischen 18 und 65 Jahre alt. Der Schock sitzt tief, denn die Ergebnisse zeigen, dass die Überlebenschancen je nach Region drastisch unterschiedlich sind.
Ein entscheidender Schwachpunkt sind die Rettungsleitstellen. Sie müssen blitzschnell einen Herz-Kreislauf-Stillstand erkennen, Rettungskräfte alarmieren und Ersthelfer zur Herzdruckmassage anleiten. Doch bundesweit fehlen standardisierte Systeme, die diese lebensrettenden Aufgaben zuverlässig erfüllen. Mindestens jeder fünfte Rettungsdienstbereich nutzt keine strukturierte Notrufabfrage, was fatal für die Betroffenen ist. Nur gut die Hälfte der Rettungsdienstbereiche verfügt über ein Qualitätsmanagementsystem, das Prozesse misst und optimiert. Hier wird das Versagen systematisch offengelegt – und das in einem Bereich, wo jede Sekunde zählt.
Noch erschreckender ist die Tatsache, dass der Rettungsdienst oft viel zu spät kommt. Medizinische Fachgesellschaften fordern, dass die Retter in mindestens 80 Prozent der Fälle innerhalb von acht Minuten vor Ort sein sollen. Doch die Realität ist ein Skandal: Nur 24 von 283 Rettungsdienstbereichen erreichen diesen Zielwert. 130 Bereiche verfehlen ihn, und der Rest macht keine Angaben – ein klares Zeichen für eine alarmierende Intransparenz und Gleichgültigkeit gegenüber den Überlebenschancen der Patienten.
Die Gründe für diese katastrophale Situation sind vielfältig: Personalengpässe, Überlastung der Rettungsdienste durch nicht dringende Einsätze und fehlende bundesweite Standards. Ein Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichters Udo Di Fabio für die Björn Steiger Stiftung stellt klar: Der Staat kommt seiner verfassungsmäßigen Schutzpflicht für die Bürger in der Notfallrettung nicht nach. Die unterschiedlichen Vorgaben der Bundesländer führen zu einer lebensgefährlichen Ungleichbehandlung der Bürger.
Dabei gibt es Lösungen: First-Responder-Apps könnten bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand freiwillige Helfer in der Nähe alarmieren und so die Rettungschancen erhöhen. Doch auch hier zeigt sich das Versagen: Nur die Hälfte der Rettungsdienstbereiche nutzt diese seit Jahren international empfohlene Technik. Die Bundesregierung hat eine Reform der Notfallversorgung angekündigt, doch bislang wurden keine wesentlichen Verbesserungen umgesetzt.
Die empörenden Zustände in der deutschen Notfallrettung machen deutlich: Es muss dringend gehandelt werden, um die Leben der Menschen zu retten, die heute aufgrund systemischer Versäumnisse unnötig sterben.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: pixabay
Dienstag, 16 Juli 2024